Friedjung, Josef K.

Friedjung Josef K., Kinderarzt und Kulturpolitiker. * Nedwieditz (Nedvedice, Mähren), 6. 5. 1871; † Tel Aviv, 25. 3. 1946.

Stammte aus einer kinderreichen Familie, besuchte in Wien das Akad. Gymn. und das Konservatorium (Klavier und Komposition) und stud. dann Med., 1895 Dr. med. in Wien. Spezialisierte sich bei Hueber (Berlin) für Kinderheilkunde und wurde 1897 unter Monti 2., 1899 1. Ass. an der Wr. Poliklinik. 1904 trat F. in das 1. öffentliche Kinderkrankeninstitut ein, als dessen Abteilungsleiter und Vorstand er von 1911–26 wirkte. 1920 Priv. Doz. für Kinderheilkunde an der Univ. Wien. F. hielt 1899 seine ersten ärztlichen Vorträge in Arbeiterkreisen, trat 1900 der sozialdem. Partei bei, 1903 der Freimaurerloge, arbeitete aktiv im Monistenbund und trat in Verbindung mit Julius Ofner für Frauenrecht, Mütter- und Kinderschutz ein. Der Kontakt mit S. Freud (s. d.) und seinem Kreis (1908) schien ihm eine wiss. basierte Verbindung von Psychologie und Pädagogik mit der Kinderheilkunde zu ermöglichen. Während des ersten Weltkrieges wurde F. als Militärarzt an der Balkanfront, später in Militärspitälern in Wien und Bruck/Leitha verwendet. Nach 1918 war er Vorsitzender der Gesundheitskomm. im revolutionären Arbeiterrat, 1919–22 Mitgl. des n. ö. Landtages, 1924–34 Gemeinderat, Mitgl. des Ausschusses für Jugendschutz und soziale Fürsorge und Mitgl. des Stadtschulrates für Wien. Gründer und Vorsitzender des Ver. sozialdem. Ärzte, trat er politisch für eine Verständigung zwischen demokratischem und diktatorischem Sozialismus ein. 1934 für kurze Zeit verhaftet, wanderte er 1938 nach Palästina (Haifa) aus, wo er eine intensive Vortragstätigkeit und Arbeit für das Werk der „Jugend-Einwanderung“ unter Henrietta Szold entwickelte. Als Kulturpolitiker und Arzt wirkte F. besonders in Wien auf dem Gebiete der Volksgesundheit, Fürsorge und Erziehung.


Literatur: A.Z. vom 27. 3. 1946; Fischer 1; Jb. der Wr. Ges., 1929; M. Klang, Die geistige Elite Österreichs, 1936.
Referenz: ÖBL 1815-1950, Bd. 1 (Lfg. 4, 1956), S. 363
geboren in Nedvědice
gestorben in Tel Aviv

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