Sohn des Kaufmanns Markus S. (geb. Tarnów, Galizien/Polen, 1. 8. 1820; gest. ebenda, 31. 5. 1900); mos. Verehel. mit Eise, geb. Neumann (geb. Wien, 17. 9. 1884; gest. New York, 1965), der Tochter eines aus Preßburg stammenden Geschäftsmanns. S., der seit Beginn der 90er Jahre zumeist in Preußen lebte, nahm ab 1903 eine leitende Position in der 1880 gegründeten Berliner Zigarettenfabrik Karmitri ein. Zudem gehörte er während des Ersten Weltkriegs dem Präsidium der Beschaffungsstelle für Rohtabak an. Seit Beginn der 20er Jahre trug S., der schon zuvor zu den Brüdern Reemtsma geschäftl. Kontakte unterhalten hatte, zum Aufstieg des Reemtsma-Zigarettenkonzerns (Erfurt, später Hamburg-Altona) zum Branchenführer in Deutschland maßgebl. bei: War er 1920 ledigl. gegen Gewinnanteil für den Tabakeinkauf und die Komposition der Tabakmischungen zuständig, so beteiligte er sich bereits 1921 finanziell an diesem Unternehmen und erhielt gleichzeitig einen Sitz im Aufsichtsrat. Seine eigene Fa., Karmitri, wurde zwischen 1924 und 1927 mit Reemtsma fusioniert. S., ein hervorragender Tabakexperte, bereiste mehrmals jährl. die führenden Märkte auf dem Balkan. Seine daraus resultierenden geschäftl. Verbindungen und Kontakte zu Regierungskreisen sicherten ihm auch polit. Einfluß, der insbes. Anfang der 30er Jahre bei seiner Mitwirkung am Abschluß bilateraler Kompensationsgeschäfte (v. a. mit Bulgarien) – einem wichtigen Bestandteil der damaligen dt. Außenhandelsstrategie – zum Tragen kam. Auch soll S. auf Regierungsebene fallweise beratend tätig gewesen sein. Sein wirtschaftspolit. Wirken wurde sowohl von ausländ. Stellen (er war u. a. türk. Konsul) als auch von dt. Seite gewürdigt; so verlieh ihm – tw. auf Vermittlung von Persönlichkeiten aus dem dt. Wirtschaftsleben – die Techn. Hochschule Braunschweig 1929 den Titel eines Dr. Ing. h. c. Dennoch, und obwohl sich u. a. sogar Wirtschaftsmin. Hjalmar Schacht für ihn einsetzte, wurde S. vom nationalsozialist. Regime vertrieben: 1935 wurde gegen ihn ein Ausbürgerungsverfahren eingeleitet, worauf er noch im selben Jahr die span. Staatsbürgerschaft erwarb und nach Frankreich emigrierte, von dort 1939 in die USA, wo er in der Folge die Staatsbürgerschaft erhielt. Auch dort gelang es ihm, im Zigaretten-Import-Export-Geschäft Fuß zu fassen. S.s Sohn, Dr. jur. der Univ. Leipzig, Harry C. S. (geb. Pankow, Preußen/Berlin, Deutschland, 24. 2. 1907; gest. Hongkong, Brit. Kronkolonie, 21. 2. 1979), arbeitete ursprüngl. im väterl. Unternehmen. 1935 emigrierte er in die Niederlande, wo er sich v. a. zionist. betätigte, von dort nach Großbritannien und in die USA. Hier stud. er Philol. und wurde ein bedeutender Übers. insbes. aus dem Spät- und Mittellatein.
Literatur: Süddt. Tabakztg. vom 23. 8. 1934; New York Times vom 17. 3. 1948; Hdb. der Emigration 1; Reichshdb. der dt. Ges. 2, 1931 (mit Bild); C. Hausberg, Die dt. Zigaretten-Ind. und die Entwicklung zum Reemtsma-Konzern unter bes. Berücksichtigung der Reemtsma-Werke, wirtschafts- und sozialwiss. Diss. Nürnberg, 1935, bes. S. 53, 64, 69, 76; Brandenburg. Landeshauptarchiv, Potsdam, Archiv der Techn. Hochschule, Braunschweig, Firmenarchiv Reemtsma Cigarettenfabriken GmbH., Hamburg, alle Deutschland; IKG Wien.
Autor: (E. Lebensaft – Ch. Mentschl)
Referenz: ÖBL 1815-1950, Bd. 10 (Lfg. 50, 1994), S. 419