röm.-kath. – S. stammte aus einer Tuchmacherfamilie. Da das Textilgewerbe im 19. Jh. der Textilind. weichen mußte, waren S. und sein Bruder Heinrich S. (geb. Reichenberg, 19. 6. 1848; gest. ebd., 4. 4. 1927; röm.- kath.) schon in früher Jugend gezwungen, in fremden Werkstätten und Fabriken zu arbeiten, wobei sie handwerkl. Fertigkeiten erlangten, die sie durch den Besuch der Reichenberger Webschule mit theoret. Wissen ergänzten. 1870 erwarben die Brüder in Ratschendorf (Radcice) bei Reichenberg das ehemalige Gasthaus „Zum blauen Stern“, wo beide vorerst eine Lohnweberei mit Lehrlingen betrieben. Auf Grund ihres wirtschaftl. Erfolgs konnten sie 1882 von den Erben des Großindustriellen Anton Gustav Trenkler die unter dem Namen „Bleichmühle“ bekannte alte Tuchfabrik in Neuhabendorf (Stráž nad Nisou) erwerben und als Fa. Brüder Siegmund weiterführen. Bereits 1889 ließen sie an deren Stelle eine moderne Feintuchfabrik erbauen, die zu den größten und besteingerichteten Betrieben dieser Art in der Monarchie zählte. Das Unternehmen, das leichte wie schwere Tuche für das In- und Ausland erzeugte und um die Jh.wende etwa 500 Beschäftigte zählte, wurde 1904–05 erweitert. Zudem besaß die Fa. eine Spinnerei in Katharinberg (Katerinky) bei Reichenberg. Infolge der Weltwirtschaftskrise und wegen Streitigkeiten unter den Erben der Brüder wurde die Produktion 1939 eingestellt und das Unternehmen aufgelöst.
Literatur: Großind. Österr. I/4, S. 132f.; A. F. Ressel, Heimatskde. des Reichenberger Bez. 1, 1903–04, S. 279; F. Rieger, Der Anfang der nordböhm. Textil-Großindustrien, 1938; J. Joza, Z minulosti textilního prumyslu v Libereckém kraji, 1958; R. Gränzer, Reichenberg, 1974, S. 374; Kniha o Liberci, 1986; Státní okresní archiv, Liberec, Tschechien.
Autor: (J. Koralka – J. Mentschl)
Referenz: ÖBL 1815-1950, Bd. 12 (Lfg. 57, 2004), S. 245f.