Behrens, Peter

Behrens Peter, Architekt und Designer. Geb. Hamburg, Freie Stadt (D), 14. 4. 1868; gest. Berlin, Dt. Reich (D), 27. 2. 1940.

Sohn eines Gutsbesitzers. – Nach Absolvierung des Realgymnasiums studierte B. Malerei an den Kunstakademien Karlsruhe (1885–87) sowie Düsseldorf (1888–92) und ließ sich dann als Maler in München nieder, wo er 1892 zu den Mitbegründern der Münchner Secession gehörte. Allerdings wandte er sich 1897 von der Malerei ab, um in der vom Jugendstil geprägten dekorativen Kunst als Designer und Graphiker zu arbeiten. 1899 berief ihn Großherzog Ernst Ludwig von Hessen-Darmstadt in die von ihm begründete Darmstädter Künstlerkolonie, die 1901 mit einer Ausstellung eröffnet wurde. B. trat hier erstmals als Architekt mit der Errichtung seines eigenen Hauses auf, dessen Eigenart und Einheit mit der bis ins Detail entworfenen Innenausstattung breite Beachtung fand. Er befasste sich weiter mit kunstgewerblichen Arbeiten sowie mit Typographie (Behrens-Antiqua, -Kursiv, -Mediäval), womit er zu den Erneuerern der künstlerischen Schrift in Deutschland zählte. 1901 übernahm er die Leitung kunstgewerblicher Meisterkurse am Bayerischen Gewerbemuseum in Nürnberg, 1903 wurde er Direktor der Kunstgewerbeschule Düsseldorf, die er reformierte und zu einer der angesehensten Fachschulen ausbaute. Weiters beschäftigte er sich in dieser Zeit mit Bühnenarchitektur und architektonischer Erneuerung der Hausgartengestaltung. Ab 1905 war B. zunehmend als Architekt tätig, sein Durchbruch gelang ihm 1907 mit der Berufung als künstlerischer Berater der Allgemeinen Elektrizitäts-Gesellschaft (AEG) in Berlin. In dieser Funktion gestaltete er nicht nur sämtliche AEG-Produkte wie Lampen, Öfen etc. sowie alle graphischen Produkte (u. a. Firmenlogo, Plakate), sondern schuf auch eine Reihe viel beachteter Fabriksgebäude, die ihn zum Pionier des modernen Industriebaus im deutschsprachigen Raum werden ließen. Grundkonzept war es, Materialien wie Stahl, Glas und Beton auf technisch leicht herstellbare und beliebig aneinanderreihbare einfache Grundformen zu reduzieren. Die Funktionalität sollte jedoch mit einer ästhetisch ansprechenden architektonischen Gestaltung verbunden sein, wofür ihm die Bauweise der Antike Vorbild war. Der latente Klassizismus seiner Bauten verlieh ihnen eindrucksvolle Monumentalität und zeichnete auch die Deutsche Botschaft in St. Petersburg (1911) mit ihrer an Schinkel gemahnenden Säulenfassade aus. Aufträge anderer bedeutender Firmen (z. B. Mannesmann-Röhrenwerke, 1910–12) folgten. Nach dem 1. Weltkrieg durchlief B. eine expressionistische Phase, bekanntestes Werk ist das Verwaltungsgebäude der IG-Farben Höchst AG (Frankfurt am Main, 1920–25) mit einem innen wie außen als Bauplastik aufgefassten Baukörper und dem Zusammenspiel von Licht und Farben. 1921 folgte B. einer Berufung nach Wien an die Akademie der bildenden Künste (ABK) als Nachfolger Otto Wagners und fungierte 1933–35 als deren Rektor, 1935/36 als Prorektor, 1937 i. R. Neben seiner erfolgreichen Lehrtätigkeit errichtete B. mehrere Wohnbauten in ruhiger Formensprache und klarem geometrischen System. Die sachliche Konzeption findet sich auch bei den Austria Tabakwerken Linz (1929–35, gemeinsam mit Alexander Popp) sowie bei Wohnhausanlagen der Gemeinde Wien (z. B. Franz-Domes-Hof, 1928–29, Wien 5). B. arbeitete ab 1934 gemeinsam mit Albert Speer an der Neugestaltung der Reichshauptstadt Berlin und wurde 1936 zum Leiter der Architekturabteilung der Preußischen Akademie der Künste in Berlin bestellt. 1907 war er u. a. Mitbegründer des Deutschen Werkbunds, ab 1919 korrespondierendes Mitglied, 1922 ordentliches Mitglied, 1933 Ehrenmitglied der Zentralvereinigung der Architekten Österreichs, 1921 Ehrenmitglied der Wiener ABK, 1923–26 Mitglied der Genossenschaft der bildenden Künstler Wiens (Künstlerhaus), 1932–36 Mitglied der Wiener Secession, 1929 Reg.Rat.


Literatur: AKL; Thieme–Becker; Gedenkschrift und Ausstellungskat. P. B. 1868–1940, Wien 1967 (Kat.); W. Wagner, Die Geschichte der ABK in Wien, 1967, s. Reg.; J. Boehe, Jugendstil im Theater. Die Darmstädter Künstlerkolonie und P. B., 1968; H. J. Kadatz, P. B., Architekt, Maler, Graphiker und Formgestalter 1868–1940, 1977; A. Windsor, P. B. – Architekt und Designer, 1985; T. Buddensieg – H. Rogge, Industriekultur. P. B. und die AEG 1907–1914, 4. Aufl. 1993; G. Krawietz, P. B. und das Dritte Reich, 1995; J. Dreher, P. B. oder die Sehnsucht nach dem Großen Stil, 2004; Große Bayerische Biographische Enzyklopädie, ed. H.-M. Körner, 1, 2005; A. Bina – S. Fellner, Tabakfabrik Linz: Kunst, Architektur, Arbeitswelt, Linz 2010 (Kat.); Architektenlexikon Wien 1770–1945, http://www.architektenlexikon.at (m. B., W. u. L., Zugriff 26. 1. 2012).
Referenz: ÖBL Online-Edition, Bd. (Lfg. 2, 2013)
geboren in Hamburg
gestorben in Berlin
wirkte in München
wirkte in Sankt Petersburg 1911
wirkte in Frankfurt am Main 1920-1925
wirkte in Wien 1921
ausgebildet in Düsseldorf 1888-1892
war Student Staatliche Akademie der Bildenden Künste Karlsruhe 1885-1887
war Gründungsmitglied Münchener Secession 1892
war Mitglied Darmstädter Künstlerkolonie 1899
war Abteilungsleiter Bayerisches Gewerbemuseum Nürnberg 1901
war Direktor Kunstgewerbeschule Düsseldorf
war Berater von Allgemeine Elektricitäts-Gesellschaft 1907
war Berater von Mannesmannröhren-Werke 1910-1912
war Berater von I.G. Farbenindustrie Aktiengesellschaft 1920-1925
war o. Professor Akademie der bildenden Künste Wien 1921-1937
war Rektor Akademie der bildenden Künste Wien 1933-1935
war Vizerektor Akademie der bildenden Künste Wien 1935-1936
war Berater von Austria Tabakwerke 1929-1935
war Abteilungsleiter Akademie der Künste (Berlin) 1936
war Gründungsmitglied Deutscher Werkbund 1907
war k. Mitglied Zentralvereinigung der Architekten Österreichs 1919-1922
war o. Mitglied Zentralvereinigung der Architekten Österreichs 1922-1933
war Ehrenmitglied Zentralvereinigung der Architekten Österreichs 1933
war Ehrenmitglied Akademie der bildenden Künste Wien 1921
war Mitglied Genossenschaft der Bildenden Künstler Wiens (Künstlerhaus) 1923-1926
war Mitglied Wiener Secession 1932-1936

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