Hofmann von Hofmannsthal, Hugo

Hofmann von Hofmannsthal Hugo, Ps. Theophil Morren, Loris, Loris Melikow, Dichter. * Wien, 1. 2. 1874; † Rodaun b. Wien, 15. 7. 1929.

Urenkel des Folgenden. Sein Großvater August H. v. H. (1815–81) vermählte sich mit Petronilla v. Rhò aus lombard. Adel, der Vater Hugo H. v. H., Bankdir. in Wien, brachte durch seine Ehe mit Anna Fohleutner, die von niederösterr. Advokaten und Bauern abstammte, sudetendt. und schwäb. Einschlag in die Familie, der mit dem jüd., dt. und italien. Anteil Grundlage für H.s österr. Europäertum wurde. Noch während des Stud. am Akad. Gymn. in Wien wurde H. in das Literatencafé Griensteidl eingeführt und mit H. Bahr (s. d.) und A. Schnitzler bekannt, deren Aufmerksamkeit er durch seine frühreifen, aus den französ. Symbolisten und den engl. Präraffaeliten erwachsenen ersten Dichtungen auf sich gelenkt hatte und die ihn bald über Österr. Grenzen hinaus bekannt machten. 1891/92 wurde er von St. George besucht und zur Mitarbeit an den „Blättern für die Kunst“ eingeladen. Trotzdem kam es bald zu einer inneren Entfremdung und zum frühen Bruch. 1892, nach der Reifeprüfung, machte H. eine Sommerreise nach Südfrankreich und kam in erste direkte Berührung mit roman. Kultur und Landschaft, die ihn weiterhin in Bann hielt. 1892–94 stud. er an der Univ. Wien Jus, legte 1894 die rechtshist. Staatsprüfung ab, wandte sich aber nach dem Freiwilligenjahr 1894/95 dem Stud. der Romanistik zu und wurde mit einer Diss. über den „Sprachgebrauch bei den Dichtern der Pléjade“ unter Mussafia und Meyer-Lübke 1899 zum Dr.phil. promoviert. 1901 versuchte er sich mit einer Arbeit über „Victor Hugo“ für das Gesamtgebiet der roman. Philol. zu habilit., zog jedoch sein Gesuch wieder zurück. 1897 lernte er Oberitalien kennen und hielt sich von da an wiederholt besonders in Venedig auf (Okt. 1897, 1899–1901 usw.). Im Frühjahr 1900 ging er nach Paris, dann wieder nach Oberitalien, vermählte sich am 8. 6. 1901 und übersiedelte nach Rodaun in das von Maria Theresia für die Gfn. Fuchs erbaute kleine Barockschlößchen, in dem er, abgesehen von Reisen und Sommeraufenthalten, sein Leben verbrachte. Nach den lyr. Anfängen eroberte er sich mit „Elektra“ (1903) die Bühne, begann 1904 in Venedig „Ödipus und die Sphinx“ und dachte an eine Gesamtbearbeitung des Labdakidenstoffes. 1905 ließ er seine Bearbeitung von Thomas Otways „Gerettetem Venedig“ in Berlin aufführen und gab 1907 seine „Gesammelten Gedichte“ sowie die Prosaschriften heraus. Auf eine neuerliche Reise nach Oberitalien folgte 1908 die tiefwirkende Fahrt nach Griechenland. Die Uraufführung der durch Richard Strauss vertonten „Elektra“ (1909) bedeutete H.s Wendung zur Oper, der er nun sein ganzes weiteres Leben treu blieb. Mit dem Ersten Weltkrieg setzte seine Werbung für Österr. ein, mit der die Gründung der „Österr. Bibliothek“ und seine „Reden in Skandinavien“ zusammenhängen. Der Zerfall Österr. traf H. sehr schwer, weil er fühlte, daß ihm die Lebensgrundlage entzogen wurde. Aber nun rettete er sich in ein geistiges Österr., und daraus entsprang die Idee der „Salzburger Festspiele“, die von Max Reinhardt aufgegriffen und zu glanzvoller Entfaltung gebracht wurde. Noch wurde eine Reise nach Nordafrika für die „Ägyptische Helena“ von Bedeutung und noch gewann H. letzte Höhe in der zweiten Bearbeitung seines an Calderon anschließenden Mysterienspieles „Der Turm“. Beim Begräbnis seines durch Selbstmord aus dem Leben geschiedenen Sohnes Franz ereilte ihn durch einen Schlaganfall plötzlich der Tod. Angeblich nicht auf eigene Verfügung, wurde er im Franziskanerhabit auf dem Friedhof von Kalksburg bestattet. H. suchte seine Entwicklung selbst in den Notizen „Ad me ipsum“ zu deuten. Die mag. Traumwelt der Jugend verkörperte ihm die „Präexistenz“ des reinen Seins, aus dem der Weg in die Existenz der rauhen Wirklichkeit nur schwer und mühsam zu finden ist. Das bedeutet die Krise, die im „Brief des Lord Chandos“ beschrieben wird. Die Wendung ins Leben ist mit Tragik und Schuld verbunden, als dem Gesetz der Welt, wofür die Antike als Leitbild dient, die mit der Gewinnung der Welt auch die Eroberung der dramat. Form bringt. Die Form des Lustspiels aber ermöglicht die Darstellung des „Erreichten Sozialen“, der menschlichen Ges. und der Verankerung in der Wirklichkeit. Der Wendung ins Leben dient alles, was den Menschen bindet und verstrickt: Liebe, Ehe, Familie, Ges., Handeln. So zeigte sich H. früh die Fragwürdigkeit bloß ästhet. Erlebens und die Notwendigkeit seiner Überwindung. Treue und Verwandlung werden motiv. zu Angelpunkten von H.s Dichtung („Ich will die Treue lernen, die der Halt von allem Leben ist“). H. war einer der Hauptvertreter des literar. „Jung-Wien“ und jener „Neuromantik“, die an Anregungen Frankreichs und Englands anknüpfend (Symbolisten, Präraffaeliten: Baudelaire, Mallarmé, Swinburne etc.), über eine neugedeutete Antike zu einem Neubarock fand, womit er über die Spanier, besonders über Calderon, in die österr. Tradition mündet.


Referenz: ÖBL 1815-1950, Bd. 2 (Lfg. 10, 1959), S. 385ff.
geboren in Wien
gestorben in Wien
reiste nach Frankreich
reiste nach Italien 1897-1897
hielt sich auf in Venedig 1899-1901
hielt sich auf in Paris 1900-1900
hielt sich auf in Venedig 1904-1904
reiste nach Griechenland 1908
war in Kontakt mit Jung-Wien (Literatur)
war in Ausbildung Akademisches Gymnasium (Wien) -1892
verkehrte in Café Griensteidl
war Mitarbeiter von Blätter für die Kunst
war Student Universität Wien 1892-1899
war in Kontakt mit Jung-Wien (Literatur)

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