Sohn eines Musikers der Esterházyschen Schloßkapelle, Bruder des Vorigen, Gatte der Lyrikerin Auguste H. (s. d.). Zuerst Sängerknabe an der k.k. Hofkapelle in Wien, begann er 1829 an der Univ. Wien Med. zu stud. und zeichnete sich schon während des Stud. durch seine Fähigkeiten und Kenntnisse in der Anatomie so aus, daß er bereits 1833 Prosektor bei der Lehrkanzel der Anatomie wurde. 1835 Dr. med., 1837 o. Prof. der Anatomie an der Univ. Prag, 1845 o. Prof. an der Univ. Wien, 1864/65 (500-Jahrfeier) Rektor. Sein Erfolg im Hörsaal zog Scharen von Schülern herbei und die geistvolle Behandlung des an sich trockenen Gegenstandes versetzte alle Welt in Staunen. Seine Inaugurationsrede, eine flammende Kampfansage gegen den Materialismus, erregte vielfach Widerspruch. Seine Festrede bei der 500-Jahrfeier der Univ., in welcher er den kirchlichen Charakter der Hochschule feierte und die Herrschaft der Kirche über die Wiss. proklamierte, wurde als eine Beleidigung des aufgeklärten Österr. aufgefaßt. Seit 1874 wegen zunehmender Sehschwäche i.R. H., gleich hervorragend auf dem Gebiete der deskriptiven menschlichen Anatomie und Zootomie sowie der topograph. Anatomie, welcher er durch sein berühmtes Hdb. eine neue Richtung, nämlich Anwendung der Anatomie in den klin. Fächern, wies, und der anatom. Technik. namentlich der Gefäßinjektion und Corrosion, war der bedeutendste Anatom seiner Zeit. Seine Präparate, unter denen auch zahlreiche mikroskop. Injektionspräparate waren, und sein Lehrbuch der Anatomie des Menschen, das in viele Sprachen übersetzt wurde, erlangten Weltruf. Seiner Vorliebe für linguist. Stud. sind die höchst wertvollen, zum größten Teil auf eigenen Forschungen beruhenden Beiträge zur Geschichte der anatom. Nomenklatur zu danken. H. gründete 1850 in Wien das „Mus. für vergleichende Anatomie“ und machte es zum reichhaltigsten seiner Art. Auch das von van Swieten 1745 begründete „Mus. für menschliche Anatomie“ wurde durch ihn vergrößert. Machte der Univ. Wien eine Schenkung von 40.000 Gulden österr. Goldrente mit der Bestimmung, daß die Zinsen jährlich an vier arme begabte Studenten der Med. an der Wr. Univ. verteilt werden sollten und stiftete sein Vermögen zur Errichtung des Waisenhauses und einer Kirche in Mödling und einer Kinderbewahranstalt in Perchtoldsdorf. Noch zu seinen Lebzeiten wurde ihm 1889 im Arkadenhof der Univ. ein Denkmal errichtet. Vielfach geehrt und ausgezeichnet, u. a. Ehrenbürger der Stadt Wien, Dr. h. c. der Univ. Leipzig und Moskau, Ehrenmitgl. zahlreicher gel. Ges., Mitgl. der Akad. der Wiss. in Wien seit deren Gründung (1847), Budapest, Berlin, St. Petersburg, München, Philadelphia etc.
Literatur: N.Fr.Pr. vom 8., 19., und 20. 7., Wr. Ztg. vom 17. 7., R.P. vom 19. und 20. 7. 1894; Tiroler Stimmen 1864, S. 1047; Österr. Hochschulztg., Jg. 1954, n. 2; Schmidls Österr. Bll. 4, 1847, S. 672; Wr. klin. Ws. 1889, n. 23 und 1894, n. 30 (mit Werksverzeichnis); Feierl. Inauguration 1894/95; Almanach Wien, 1895; Die Denkmäler im Arkadenhofe der Univ. Wien, 1932, S. 23, n. 75; Burgenländ. Heimatbll., Jg. 4, 1935, F. 4, S. 165ff.; Österr. Naturforscher, S. 78ff.; Anatom. Anzeiger, Bd. 103, 1956, S. 160–75; F. Knoll, Österr. Naturforscher, Ärzte und Techniker, 1957, S. 90ff.; Hirsch; Pagel; Wurzbach 9, 14; Kosch, Das kath. Deutschland; Eisenstadt, 300 Jahre Freistadt, 1948; Révai 10; Szinnyei; Mitt. K. Allmer, Wien,
Referenz: ÖBL 1815-1950, Bd. 3 (Lfg. 11, 1961), S. 23f.