Sohn des ersten tschech. Bürgermeisters von Pilsen, eines alttschech. Abg. Stud. Geschichte an den Univ. Prag (1898 Dr. phil.) und Wien (Inst. für österr. Geschichtsforschung, Staatsprüfung 1899). 1899–1901 Stipendiat am Österr. Hist. Inst. in Rom. Ab 1901 Beamter des Landesarchivs in Prag, 1905 Priv.Doz. für österr. Geschichte an der Tschech. Univ., 1911 ao. Prof., 1919 o. Prof. der tschech. Geschichte mit besonderer Berücksichtigung der Slowakei. Als markanter Vertreter der zweiten Generation der Prager Schule von J. Goll (s. d.) widmete er sich dem Beispiel seines Lehrers folgend dem Stud. der tschech. Reformation und der tschech. Religionsgeschichte. Seinen frühen Arbeiten, welche die Thematik der böhm. Brüder betrafen, folgten die inhaltsreichen Editionen vatikan. Bohemica, die ein Ergebnis seines Aufenthaltes in Rom waren und die zum klass. Muster reifer Editionstechnik gehören. Dasselbe gilt von den Editionen der Böhm. Landtage, welche die eigenen Forschungsarbeiten K.s bestimmen: die Stud. über die Beziehungen der röm. Kurie zum vorhussit. Böhmen und um Arbeiten, welche die komplizierten religiösen und ges. Verhältnisse in Böhmen vor dem ständ. Aufstand verfolgten und in welchen er auf die Selbständigkeit und die Eigentümlichkeit des religiösen Lebens des Utraquismus im 16. Jh. („Neuutraquismus“) aufmerksam machte. Zahlreiche Stud. aus dieser Periode begleiteten K.s Interesse für die Agrargeschichte und später auch für die neuere tschech. Geschichte, was mit seiner wachsenden Teilnahme am zeitgenöss. polit. Geschehen in Einklang stand. 1907 trat er gem. mit anderen Persönlichkeiten des kulturellen Lebens in die reorganisierte Jungtschech. Partei ein, kam zu ihrem Führer K. Kramár (s. d.) in nähere Beziehungen und gehörte während des Ersten Weltkrieges zu den Vertretern einer scharf gegen Wien gerichteten Nationalpolitik. Nach Entstehen des tschechoslowak. Staates kurze Zeit im Unterrichtsmin., trat er 1920 in den diplomat. Dienst über, zuerst als Gesandter beim Vatikan, 1921–25 in Wien, 1925–27 in Berlin. Ab 1927 als leitender Sektionschef im Außenmin. hatte er wesentlichen Anteil an den Verhandlungen mit dem Vatikan. Die diplomat. Tätigkeit K.s zeichnete sich durch ergebene Loyalität gegenüber Beneš aus, welcher in K. einen fähigen Mitarbeiter und einen gewandten Vertreter seiner polit. Grundsätze fand; 1927–36 stellvertretender Außenmin., 1936–38 Außenmin. im Kabinett Hodža. Als Vorsitzender der Ges. für das Stud. der Minderheitenfrage und als leitender Redakteur der Prager Rundschau (seit 1931) war er gleichzeitig der wichtigste Exponent der Regierungspolitik, welche die Zusammenarbeit mit der dt. Minderheit im Staate anstrebte. Neben einer Reihe von Büchern und Aufsätzen über die Prinzipien der tschechoslowak. Außenpolitik und neben Beitrr., welche die hist. Wurzeln der gegenwärtigen Minderheitenproblematik verfolgten, entstanden während seiner diplomat. bzw. polit. Tätigkeit Arbeiten über die Wirtschaftsgeschichte Böhmens im Mittelalter und über die Verfassungsgeschichte der Slowakei. Übersichtliche Synthesen und Kompendien erlangten gegenüber Forschungsarbeiten das Übergewicht. In den Polemiken der tschech. Historiker zeigte er häufig eine Neigung zu Kompromissen, was sich insbesondere in der Streitfrage über den Sinn der tschech. Geschichte (obwohl er grundsätzlich die ablehnende Wertung Pekars der hussit. Revolution zurückwies) zeigte. 1944/45 war er im KZ Theresienstadt, von wo er im Mai 1945 mit schwer geschädigter Gesundheit zurückkehrte.
Literatur: Jahresber. der kgl. böhm. Ges. der Wiss. 27, 1904; O Kamilu Kroftovi, historikovi a diplomatu (Über K. K., den Historiker und Diplomaten), 1936; F. M. Bartoš, K. K., 1946; J. Glücklich, K. K., 1947; Santifaller, n. 194; A. Lhotsky, Geschichte des Inst. für österr. Geschichtsforschung 1854–1954 ( = MIÖG, Erg. Bd. 17), 1954, s. Reg.; Ceskoslovenská biografie, Serie 1; Masaryk 4; Otto 15, 28, Erg. Bd. III/2.
Referenz: ÖBL 1815-1950, Bd. 4 (Lfg. 18, 1968), S. 287