Poestion, Josef Calasanz

Poestion Josef Calasanz, Ps. J. Calion, Svend Christensen, Bibliothekar, Übersetzer und Skandinavist. * Bad Aussee (Stmk.), 7. 6. 1853; † Wien, 4. 5. 1922.

Sohn eines Salinenbeamten; stud. an den Univ. Graz (1873–75) und Wien (1875–77) klass. und dt. Philol. War zunächst Privatgelehrter und freier Schriftsteller, dann Feuilletonist und Mitarbeiter an mehreren Ztg. und Z. Ab 1886 wirkte er in der Bibl. des Innenmin., wurde 1888 Leiter, 1891 Vorstand, 1896 Dir. 1894–97 war er auch Leiter der Bibl. des Ministerratspräsidiums; 1913 HR, 1921 Sektionschef. P. befaßte sich wiss. zunächst mit Themen der Antike, verlegte sich dann aber ganz auf skandinav. Sprachen und Literaturen. Seine erstaunliche Produktivität auf diesem Gebiet dauerte auch nach seinem Eintritt in den Staatsdienst unvermindert fort. Er übers. aus dem Altnord. (Fridthjofs saga, Hervarar saga), Isländ. (J. Thoroddsen, S. Thorsteinsson), Dän. (H. C. Andersen, S. Bauditz, H. Drachmann, R. Schmidt) und Norweg. (B. Björnsson, K. M. Elster, H. Ibsen, A. L. Kielland) und führte nicht nur mehrere Schriftsteller in die dt. Literatur ein, sondern erschloß auch die neuisländ. Literatur erstmals einer Weltsprache. In den 80er Jahren war er ein Vorkämpfer für die moderne skandinav. Literatur in Österr. Sein Buch über Island, viele Jahre vor seiner Islandreise geschrieben, war lange Zeit die umfassendste Darstellung der isländ. Landeskde. Seine Lehrbücher für Dän., Schwed. und Norweg. erlebten zahlreiche Aufl. und wurden auch an skandinav. Univ. verwendet. Vor allem das Lehrbuch für Norweg. erfuhr die Anerkennung prominenter Fachleute. Sein Werk „Isländische Dichter der Neuzeit . . .“ war die erste umfassende Darstellung der neuisländ. Literatur und blieb lange das Standardwerk auf diesem Gebiet. Den Sommer 1906 konnte P. dank eines staatlichen österr. Reisestipendiums als gefeierter Ehrengast auf Island verbringen und weite Tle. der Insel bereisen. Vielfach geehrt und ausgezeichnet, u. a. Ritter Islands, 1917 Dr. phil. h. c. der Univ. Graz.


Werke: Griech. Dichterinnen, 1876; Einleitung in das Stud. des Altnord., 2 Bde., 1882–87; Isländ. Märchen, 1884; Island. Das Land und seine Bewohner, 1885; Lappländ. Märchen, Volkssagen, Rätsel und Sprichwörter, 1886; Die Kunst, die Schwed. Sprache durch Selbstunterricht zu erlernen (= Die Kunst der Polyglottie 19), 1889; Lehrbuch der Norweg. Sprache für den Selbstunterricht (= Die Kunst der Polyglottie 28), 1890, 2. Aufl. o. J.; Isländ. Dichter der Neuzeit in Charakteristiken und übersetzten Proben ihrer Dichtung, 1897; Zur Geschichte des isländ. Dramas und Theaterwesens, 1903; Eislandblüten. Ein Sammelbuch neu-isländ. Lyrik . . ., 1905; S. Thorsteinsson, ein isländ. Dichter und Kulturbringer, 1912; Die Kunst, die Dän. Sprache schnell zu erlernen (= Die Kunst der Polyglottie 16), o. J., 3. Aufl.: Lehrbuch der Dän. Sprache für den Selbstunterricht, o. J.; etc.
Literatur: Fremden-Bl. vom 9. 2., Wr. Ztg. (Abendausg.) vom 6. 6. und Neues Wr. Tagbl. vom 7. 6. 1913; Tagespost (Graz) vom 7. 2. 1913 und 21. 5. 1922; RP vom 13. 6. 1917 und 5. 5. 1922; A. Schlossar, J. C. P., der steir. Islandforscher, in: Grazer Schreib-Kalender für das Schaltjahr 1908, S. 66 ff.; M. Morold, J. C. P., in: Heimgarten 34, 1910, S. 266 ff.; Eisenberg, 1893, 1; Giebisch–Gugitz; Kosch; Kosch, Das kath. Deutschland; Kosel; Nagl–Zeidler–Castle 4, s. Reg.; Steiermark. Land, Leute, Leistung, 1956, S. 291; Mitt. F. Hollwöger, Grundlsee, Stmk.
Autor: (O. Gschwantler)
Referenz: ÖBL 1815-1950, Bd. 8 (Lfg. 37, 1980), S. 147
geboren in Bad Aussee
gestorben in Wien

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