Sohn eines Tierarztes; stud. 1885–91 Med. an der Univ. Prag, 1891 Dr. med. War ab 1892 Ass. am Hygien. Inst., dann an der geburtshilflichen Klinik, ab 1895 hatte er eine eigene gynäkolog. Praxis in Prag, trat daneben jedoch auch schon früh als Schriftsteller, zuerst als Mitarbeiter der Z. „Jugend“, „Simplicissimus“ und „Ver Sacrum“, an die Öffentlichkeit. Der seinerzeit als lokaler „Literaturpapst“ berühmte und vielfach übers. Modedichter ist in seinem impressionist. Werk der frühen Lyrik Rilkes (s. d.) verwandt. Geschult an Goethe, C. F. Meyer, Storm und Fontane zeigt sich S. als stimmungsreicher Idylliker, der dem Frohen, dem Harmon. den Vorrang gibt vor ungestümer Leidenschaft, wobei jedoch das positive, lebensbejahende Element der frühen Ged. im späteren Werk mehr einer Stimmung der Melancholie und seel. Vereinsamung weicht. Seine Ged. sind zumeist sanft melanchol. und träumer., in den Jahren 1896 bis etwa 1904 in Stoff- und Themenwahl sowie durch die von S. vertretene Kunstauffassung im Geist des Jugendstils gestaltet. S. ist einer der wenigen Prager jüd. Schriftsteller, die den offenen gesellschaftlichen Fragen der Zeit ausweichen, obwohl ein breites Spektrum an Themen -wie auch an Formen – entfaltet wird. Seine bekannteste Ged.Smlg., „Ehefrühling“ (1900), gilt als Verherrlichung ehelicher Liebe, der Verinnerlichung der Sinnlichkeit. In der Smlg. „Ernte“ (1903) überwiegt formvollendete Kleinkunst, vor allem in den Ged., in denen S. die Stadt Prag mit ihren Gassen und Bauwerken als Thema verwendet. Im ganzen sind Wohlklang und Rhythmus seiner Lyrik – die auch in die Nähe der Neuromantik gestellt wird – sowie äußerste Schlichtheit im Ton hervorzuheben.
Werke: Lyrik: Ged., 1898; Neue Ged., 1899; Reigen, 1900, 2. Aufl. 1901; Neue Garben, 1904; Die Blumenschale, 1908; Glockenklang, (1911); Das neue Buch, (1919); Klarer Klang, (1922); Helle Träume, 1924; Die Harfe Gottes, 1928; etc. Prosa: Christa. Ein Evangelium der Schönheit, 1902; Novellen des Lyrikers, 1903, 5. Aufl. 1919; Das blaue Fenster, 1906; Im Spiegel. Autobiograph. Skizze, in: Das literar. Echo 9, 1906/07; Trostbüchlein für Kinderlose, 1909; Schwache Helden, 1910; Seelen und Sinne, 1913; Nachdenkliche Geschichten ( = Universal-Bibl. 5700), (1914) (mit Einleitung); Der Heimatstein und andere Erz. ( = Hesses Volksbücherei 989/990), (1914) (mit Einleitung); Sommerabend, 1916; Die Beschau. Eine Ghettogeschichte, 1920; Vergangenheit, (1921); Die schöne Barbara ( = Molitor’s Novellenschatz 9), o. J.; etc. Dramen: Susanna im Bade, 1901; Röm. Komödie, (1909).
Literatur: N. Fr. Pr. vom 3. 8. 1916, 1. 8. 1926 und 5. 2. 1929; Dt. Ztg. Bohemia vom 5., Wr. Ztg. vom 6. 2. 1929; P. Wertheimer, H. S., in: H. S.-Heft ( = Smlg. gemeinnütziger Vorträge 280/281). 1902. S. 1ff.; K. F. Nowak, H. S., in: Das literar. Echo 9, 1906/07. Sp. 1726 ff.; F. R. Tichy, Jüd. Thematik bei H. S., in: Z. für die Geschichte der Juden 3, 1966. S. 230ff.; H. Abret, H. S. und J. Vrchlický, in: Österr. in Geschichte und Literatur 24, 1980, S. 28ff.; Brümmer; Enc. Jud.; Giebisch-Gugitz; Kosch; Masaryk; Nagl-Zeidler-Castle 4, s. Reg.; Otto; Otto, Erg.Bd. V/2; Wininger; H. Wocke, H. S. Eine Würdigung, 1916 (mit Autobiographie); L. Tinkl, Neuromant. Elemente bei H. S. und F. Herold, phil. Diss. Wien, 1949; M. Brod, Streitbares Leben, (1960), s. Reg.; ders., Der Prager Kreis, (1966), s. Reg.; The Jews of Czechoslovakia 1, 1968, S. 477f.; H. Kletzander, H. S. und der Jugendstil, phil. Diss. Salzburg, 1977; J. Mühlberger, Geschichte der dt. Literatur in Böhmen 1900–39, (1981), s. Reg.; W. Theopold, Doktor und Poet dazu. Dichterärzte aus fünf Jhh., (1986), S. 248 ff., 391.
Autor: (A. Hofman)
Referenz: ÖBL 1815-1950, Bd. 9 (Lfg. 45, 1988), S. 395f.