Aus alter, bis ins 15. Jh. zurückverfolgbarer Familie, Sohn eines höheren Beamten, Schwiegervater des Staatsmanns Paul Frh. Gautsch von Frankenthurn (s. d.), Großvater des Vorigen, Vater von Otto, Gustav und Robert S. v. G. (alle s. unten); evang. AB. Mußte 14jährig wegen der Erkrankung seines Vaters den Gymnasialbesuch in Stuttgart abbrechen und als Lehrling in ein Papierhandelsgeschäft eintreten. Nach Absolv. der Lehre und Tod des Vaters sowie verschiedenen kurzfristigen Beschäftigungen arbeitete er im ältesten französ. Champagnerhaus Ruinart Père & Fils in Reims, aus dem er nach sieben Jahren als Betriebsleiter ausschied. Nach seiner Heirat mit der Tochter des Wr. Schlossers und Knopffabrikanten Heinrich Kirchner ließ sich S. 1843 in der Absicht, hier eine Champagnerfabrik nach französ. Muster zuerrichten, in Österr. nieder. Nach ersten Versuchen (schon 1842) in Wien entschied er sich aufgrund des Bodens sowie des bes. geeigneten, dort heim. blauen Rebsatzes für Vöslau (u. a. erwarb er die Weingärten der Riede Goldeggen); bereits 1845 wurde sein Schaumwein auf der Wr. Gewerbeausst. ausgez. S. arbeitete in den nächsten Jahren an der prakt. Hebung der österr. Weinkultur, u. a. durch Einfuhr neuer Rebsorten. Er weitete sein Unternehmen nicht nur im Inland, sondern auch durch Gründungen von Filialen im Ausland, etwa in London (1863), Berlin (1876) sowie von Verkaufsstellen und Agenturen in den USA (1882), stetig aus, nahm mit seinen Produkten, deren Tropenfestigkeit die auf der Weltumseglung der österr. Fregatte „Novara“ 1857–59 mitgeführten Proben bewiesen, an Ausst. im Ausland (vielfach ausgez.) teil und eröffnete so seinem Sekt und der ältesten registrierten österr. Weinmarke „Vöslauer Goldeck“ (1859) den Weltmarkt. S., der somit nicht nur als Begründer der österr. Schaumweinind., sondern auch als Wegbereiter der österr. Weinwirtschaft angesehen werden kann, erfuhr zahlreiche Ordensverleihungen und wurde 1879 nob. Er war auch im öff. Leben verdienstvoll tätig, u. a. 1858–64 Gemeinderat, 1864–70 Bürgermeister von Vöslau, 1870–77 Mitgl. der niederösterr. Handels- und Gewerbekammer. Nach S.s Tod wurde die Fa. als offene Handelsges. zwischen seinen Söhnen aufgeteilt: Während Otto S. v. G. (geb. Vöslau, 25. 8. 1846; gest. Wien, 6. 4. 1934), Schwiegersohn des Weingroßhändlers August Schneider, dessen Betrieb in Wien-Döbling er 1894 übernahm, im angestammten Unternehmen die finanzielle und kaufmänn. Führung sowie den Einkauf innehatte – wie seine Brüder bekleidete er auch verschiedene Ehrenstellen, u. a. durch 40 Jahre, zuletzt als Vizegouverneur-Stellvertreter, bei der Österr.-ung. Bank – leitete Gustav S. v. G. (geb. Wien, 27. 1. 1848; gest. Vöslau, 25. 12. 1921) den Absatz im In- und Ausland und Dr. Robert S. v. G. (geb. Vöslau, 27. 8. 1850; gest. Wien, 12. 1. 1939) den landwirtschaftlichen Betrieb. Als Vorsitzender der Weinbausektion der k. k. Landwirtschaftsges. züchtete er die durch den Reblauseinfall in Österr. dringend notwendigen Hybridensorten aus heim. Edelsorten und den resistenten amerikan. Unterlagsrebstöcken und organisierte die Frostwehren in NÖ.
Werke: W. (Robert S. v. G.): Zur Frage der Einführung amerikan. Rebennach Österreich, o. J.; usw.
Literatur: (häufig auch für die Söhne): Die Wirtschaft vom 3. 11. 1962 (mit Bildern); Express vom 29. 12. 1962 (mit Bild); R. v. Schlumberger, in: Das Weinland, 1929, S. 406ff.; Großind. Österr. 5, S. 325ff.; R. v. SchlumbergerEdler v. Goldeck, Weinhandel und Weinbau im Kaiserstaate Österr. 1804– 1918, 1937, s. Reg. (mit Bildern); R. Schlumberger, Dreimal Robert S.,1964 (mit Bildern); G. Holzmann, Unternehmer aus NÖ ( = Schriftenr. der Handelskammer NÖ 7), 1967, S. 93ff.; (R. Schlumberger), Dreizehn Jahrzehnte Robert S., (1972); ders., Österreichs älteste gesetzlich geschützte Weinmarke Vöslauer Goldeck, 1979; Familienarchiv Schlumberger, Bad Vöslau, NÖ; Mitt. J. Kippenberg, Weilheim-Söcking, Bayern, Deutschland.
Autor: (E. Lebensaft)
Referenz: ÖBL 1815-1950, Bd. 10 (Lfg. 48, 1992), S. 223