Cousine von Adolf und Fritz S. (beide s. d.). Als Nachkommin einer bis ins 17. Jh. in Siebenbürgen und im Sächs. zurückverfolgbaren, in der hier typ. Kombination Lehrer und Pfarrer bezeugten Familie wurde S. als ältestes von zwölf Kindern geb. Ihre Mutter, geb. Sophie Pauline Schmidt, war Tochter des Bgm. von Großschenk, ihr Vater war der Pfarrer und Lehrer Johann Joseph S. (geb. 1833; gest. 1904), der ab 1859 Pfarrer in Ziedt/Vesszöd (Veseud-Agnita), ab 1867 in Magarei/Magaré (Pelisor), ab 1872 in Marpod/Márpod (Marpod), ab 1888 in Alzen/Alcina (Altina) war. Hatte S. bis 1904 bei ihren Eltern gelebt, so zog sie nach dem Tod des Vaters mit ihrer Mutter und einigen Geschwistern nach Hermannstadt/Nagyszeben (Sibiu). Obwohl ihr als Mädchen kein Abschluß des Gymn. mögl. gewesen war, hatte sie sich nach väterl. Unterricht autodidakt. weitergebildet und widmete sich nun als Privatgelehrte interkulturell-vergleichend der siebenbürg.- sächs. sowie der rumän. Volkskultur in rund 50 Ortschaften der Bez. Kronstadt/Brassó (Brasov), Hermannstadt, Maros/Mùres (Mures) und Bistritz-Nassod/Beszterce-Naszód (Bistrita-Nasaud). Ihre penibel-authent., in direkter Beobachtung gewonnenen Ergebnisse samt Hinweisen auf verschiedenste Nachbardisziplinen halten auch modernen Forschungsmethoden stand. Ihre Texte von Märchen, Sagen, Legenden, Tanzliedern, Sprichwörtern usw. aus dem Harbachtal (Valea Hîrtibaciului), ergänzt durch Aufzeichnungen aus dem Alttal (Valea Oltului), stellen auch heute noch eine der umfangreichsten Smlgg. an Volksprosa dar. Sie wurde über Kontakt mit dem führenden Ethnobotaniker Heinrich Marzell, München, zur Begründerin der Volksbotanik in Siebenbürgen, wobei sie auch in prakt. Feldarbeit Heilpflanzen für den Verkauf züchtete. Bereits damals sammelte sie mittels Fragebogen volkstüml. Namen von Kultur- und wildwachsenden Pflanzen, v. a. im Harbachtal und in der Hermannstädter Umgebung, um sie auf Anregung Adolf S.’ in dessen Siebenbürg.-sächs. Wörterbuch aufzunehmen. In 15 Publ. machte sie Angaben über deren Anwendung in der Volksmed., über ihre volksglaubensmäßige Bedeutung im Jahres- und Lebensbrauch und die damit verbundenen Reime, Legenden, Schwänke und Erz. In gleicher Art befaßte sie sich mit der Erforschung wildlebender Vögel und Insekten.
Werke: Rumän. Volksmärchen aus dem mittleren Harbachtale, im Anhang Rumän. Volksmärchen aus dem Alttal, in: Archiv des Ver. für siebenbürg. Landeskde., NF 33, 1905, Teilausg., 1907, Teilausg. „Die schöne Rora. Rumänische und sächsische Märchen“, ausgewählt und bearb. von A. Zweier, 1976, Neuausg., hrsg. von R. W. Brednich und I. Talos, 1977; Die Insekten, in: Kal. des Siebenbürger Volksfreundes für das Jahr 1912, 43, NF 17, 1911; Die Vögel, ebenda, 1913, 44, NF 18, 1912, auch selbständig; Glaube und Brauch bei Tod und Begräbnis der Romänen im Harbachtale, in: Z. des Ver. für Volkskde. 22, 1912; Die Pflanzen im Kriegsglauben und Brauch, in: Landwirtschaftl. Bll. für Siebenbürgen 43, 1915; Die Pflanzen in Glaube und Brauch der Siebenbürger Sachsen, in: Archiv des Ver. für Siebenbürg. Landeskde., NF 40, 1916–21; Aus dem Volks(aber)glauben der Siebenbürger Sachsen, in: Dt. Tagespost, 1922, n. 118, 150, 210, 247, 273, 297, 1923, n. 74, 126, 1924, n. 78, 165; zahlreiche Beitrr., u. a. in: Siebenbürg.-Dt. Tagebl., Korrespondenzbl. des Ver. für siebenbürg. Landeskde., Kal. des Siebenbürger Volksfreundes, Frauen-Ztg. (Beilage zur Dt. Tagespost), Glaube und Heimat, Frauenbl. (Beilage zum Siebenbürg.-Dt. Tagebl.), Kirchl. Bll. aus der evang. Landeskirche AB in Rumänien, usw.
Literatur: Frauenbl. (Beilage zum Siebenbürg.-Dt. Tagebl.) 6, 1928, n. 5, S. 1; Siebenbürg.-Dt. Tagebl., 5. 4. 1928, 31. 12. 1929, 1. 1. 1930; Hermannstädter Ztg., 13. 2. 1970; Szinnyei; P. S., in: Archiv des Ver. für Siebenbürg. Landeskde., NF 42, 1924, n. 1, S. 7ff. (familiengeschichtl.); Kirchl. Bll. aus der evang. Landeskirche AB in Rumänien 22, 1930, n. 2, S. 18ff.; P. S., ebenda, 22, 1930, n. 5, S. 38ff., n. 6, S. 46ff. (familiengeschichtl.); A. Schuller-Schullerus, in: Christl. Hausfreund, Kal. 1932, S. 103ff.; H. Hienz, Bücherkde. zur Volks- und Heimatforschung der Siebenbürger Sachsen (= Buchr. der Südostdt. Hist. Komm. 5), 1960, S. 546; U. Berger, in: Echinox, 1969, n. 4, S. 19; O. Papadima, Literatura populara româna, 1969, S. 510; U. Berger, P. S., phil. DA Cluj-Napoca, 1970; O. Bîrlea, Istoria folcloristicii românesti, 1974, S. 424; ders., Micaenc. a povestilor românesti, 1976, S. 108; Die Siebenbürger Sachsen. Lex., hrsg. von W. Myß, (1993); Mitt. Gernot Nussbächer, Brasov, Rumänien, und Friedrich Schuster, Gundelsheim a. Neckar, Deutschland.
Autor: (M. Martischnig)
Referenz: ÖBL 1815-1950, Bd. 11 (Lfg. 53, 1998), S. 334f.