Schultz, Wolfgang

Schultz — Wolfgang, Religions- und Mythenforscher, Philologe und Parteiideologe. Geb. Wien, 28. 6. 1881; gest. München, Dt. Reich (Dtld.), 24. 9. 1936.

Sohn eines akadem. Malers; evang. AB. S. absolv. das Gymn. der Wr. Theresian. Akad. und stud. ab 1898 an der Univ. Wien Phil., Mathematik und klass. Philol.; 1904 Dr. phil. Mitbegründer und Dir. des Akadem. Verlages, veröff. er in diesem Stud. zu den Vorsokratikern, beschäftigte sich aber unter dem Einfluß Leopold v. Schroeders und Hüsings (beide s. d.) immer mehr mit vergleichender Religionsund Mythenforschung, wobei die Grundtheorie Hüsings, daß der „Mythos“ eine einmalige schöpfer. Leistung der arischen Völker sei, auch für S. bestimmend wurde. Gem. mit Hüsing u. a. gründete er 1914 die Z. „Mitra“, die er auch hrsg. Seine Beschäftigung mit der Geistesgeschichte des frühen Indogermanentums führte schließl. zur Arbeit an dem als Habil.Schrift gedachten Werk „Zeitrechnung und Weltordnung …“. Ab 1915 Kriegsteilnehmer (Lt.), war S. fast zwei Jahre in italien. Gefangenschaft. Mitte 1918 wurde er in Wien „Sachwalter“ des privaten „Forschungsinstituts für Osten und Orient“ und betätigte sich intensiv in der Jugendbildung, mit dem Ziel, „durch sorgfältige Auslese … einen Generalstab“ zu einer „geistigen Erneuerung“ des dt. Volkes „auf rassischer Grundlage“ zu schaffen. Hiezu dienten ihm u. a. die Gründung einer Ortsgruppe „Thule“ innerhalb des „Schulvereins Südmark“, der gem. mit Hüsing 1919 gegründete, auf völk. Gedankengut basierende Lehrgang „Deutsche Bildung“ (der sich hauptsächl. an Studenten, Altakademiker und Angehörige der „Jugendbewegung“ wandte) und die Abhaltung von Kursen für Schüler und Studenten, bei denen „Rassenpflege und Rasseverpflichtung“ zentrale Themen bildeten. 1923 ging S. nach Dtld. und lebte bis 1934 als Privatgelehrter in Görlitz, dem Wirkungskreis seiner zweiten Frau (Dir. der Stadtbibl.), wo er neben der Arbeit an seinen Publ. eine intensive Lehr- und Bildungstätigkeit entwickelte. Seit 1932 Mitgl. der NSDAP und eifriger Parteiredner, war S. ab 1933, nach der Machtergreifung Hitlers (s. d.), auch in offiziellen Funktionen als prononcierter Vertreter der nationalsozialist. Kulturpolitik tätig: 1933 Kreiskulturwart in Görlitz, 1935 Hauptstellenleiter in der Reichsleitung der NSDAP, bayer. Landesleiter des „Reichsbundes für deutsche Vorgeschichte“, Abt.Leiter für „Arische Weltanschauung und Volkskunde“ im Amt Rosenberg. 1934 wurde S. schließl. o. Prof. der Phil. an der Univ. München; seine Antrittsvorlesung stand unter dem Titel „Arteigenes Denken“.


Werke: W. (s. u. bei Vacano): Das Farbenempfindungssystem der Hellenen, 1904 (Diss.); Stud. zur antiken Kultur, 3 He., 1905–07; Rätsel aus dem hellen. Kulturkreise, in: Mytholog. Bibl. 3, 1909, 5, 1912; Dokumente der Gnosis, 1910; Gesetze der Zahlenverschiebung im Mythos und in mythenhaltiger Überlieferung, in: Mitt. der Anthropolog. Ges. in Wien 40, 1910; Die Anschauung vom Monde und seinen Gestalten in Mythos und Kunst der Völker (= Weltall-Abhh. 26), 1912; Einleitung in das Popol Wuh, in: Mytholog. Bibl. 6, 1913; Artikel „Rätsel“, in: Paulys Realenc. der class. Altertumswiss., neue Bearb. …, hrsg. von W. Kroll und K. Witte, R. 2, Halbbd. 1, 1914; Zeitrechnung und Weltordnung in ihren übereinstimmenden Grundzügen bei den Indern, Iraniern, Hellenen, Italikern, Kelten, Germanen, Litauern, Slawen (= Mannus-Bibl. 35), 1924; Grundsätzl. über Religion und Mythos der Arier, in: Mannus 16, 1924; Altgerman. Kultur in Wort und Bild, 1933, 4. Aufl. 1937 (mit tw. Werksverzeichnis); Der rass. und völk. Grundgedanke des Nationalsozialismus, in: Die Verwaltungsakad. Ein Hdb. für den Beamten im nationalsozialist. Staat 1, 1/4, 1934, 3. Aufl. 1936; Grundgedanken nationalsozialist. Kulturpolitik, 1939, 2. Aufl. 1943 (mit Bild und tw. Werksverzeichnis). – Hrsg.: Mitra. Ms. für vergleichende Mythenforschung, 12 He., 1914–20; B. Bolzanos Wiss.Lehre, 2. Aufl., 4 Bde., 1929–31; Beitrr. in Philologus, Memnon, Mannus, Volk und Rasse, Nationalsozialist. Monatshe., usw.
Literatur: Völk. Beobachter (Süddt. Ausg.), 29. 9. 1936; Wer ist’s? 10, 1935; Volk und Rasse 11, 1936, S. 442f.; O. W. v. Vacano, in: Mannus 28, 1936, S. 545ff. (mit Bild und Werksverzeichnis); ders., in: Germanen-Erbe 1, 1936, S. 193 (mit Bild und Werksverzeichnis); K. Spieß, in: Nationalsozialist. Monatshe. 7, 1936, S. 978ff.; E. Mudrak, ebenda, 12, 1941, S. 625ff.; R. Much, in: Archiv für Religionswiss. 37, 1941/42, S. 231ff.; R. Bollmus, Das Amt Rosenberg und seine Gegner, 1970, S. 308f.; W. Henckmann, in: Widerspruch. Münchner Z. für Phil. 7, 1987, n. 13, S. 12f.; A. Alzheimer, Volkskde. in Bayern (= Veröff. zur Volkskde. und Kulturgeschichte 50), 1991, S. 254f.; Völk. Wiss., hrsg. von W. Jacobeit, H. Lixfeld und O. Bockhorn, (1994), s. Reg.; UA Wien.
Autor: (H. Reitterer)
Referenz: ÖBL 1815-1950, Bd. 11 (Lfg. 54, 1999), S. 352f.
geboren in Wien
gestorben in München

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