Sölder zu Prakenstein, Friedrich von

Sölder zu Prakenstein Friedrich (Leopold) von, Neurologe. Geb. Meran, Tirol (Merano/Meran, Italien), 27. 4. 1867; gest. ebd., 11. 9. 1943.

– Sohn eines Kaufmanns. Nach Absolv. des Gymn. in Meran stud. S. ab 1885 Med. an den Univ. Innsbruck und Graz; 1891 Dr. med. in Innsbruck. 1891–93 war er zunächst an der med. Klinik im Wr. AKH unter O. Kahler (s. d.) tätig, bevor er als Hospitant an die 2. Psychiatr. Univ.klinik unter Krafft-Ebing (s. d.) wechselte. 1893–97 Ass. an der 2. Psychiatr. Klinik, habil. er sich 1900 als Priv.Doz. für Psychiatrie und Neurol. an der Univ. Wien und leitete 1902 als suppl. Vorstand die Klinik. 1898–1908 wirkte S. als Gerichtsgutachter beim Landesgericht Wien, 1907–08 war er außerdem als neurolog. Gutachter der Arbeiter-Unfalls-Versicherungsanstalt in Wien tätig. Mitgl. des Obersten San.rats (1908), war S. 1908–32 Dir. und Chefarzt der Nervenheilanstalt Rosenhügel (Wien 13), 1932 trat er i. d. R. Bei der Errichtung dieser Nervenheilanstalt zeigte sich S.s bes. Talent für Bauplanung und Organisation. Wiss. befaßte er sich mit forens.-psychiatr. Fragestellungen. Er entdeckte einen bis dahin unbekannten Reflex, ausgelöst im Auge, den sog. Corneomandibularreflex, erbrachte den erstmaligen Nachweis der spinothalam. Bahn sowie die erste zusammenfassende Darstellung eines psychopatholog. Elementarsymptoms. Zudem führte er den Namen „Scheitel-Ohr-Kinnlinie“ in die neurolog. Literatur ein. Nach seiner Pensionierung ging er nach Meran zurück und wandte sich heimatgeschichtl. Themen zu. S. besaß vielfache Kenntnisse in Kunst, Geschichte und Geol. seiner Heimat. Die prähist. Stätte am Saxnerkott, eine Wallburg oberhalb Plars bei Meran, wurde durch ihn entdeckt und bekannt gemacht.


Werke: W. (auch s. u. Kreuter; Pötzl; Pointner): Zur Kenntnis der Paramyotonia congenita (Eulenburg), in: WKW 8, 1895, Nr. 6–7; Ueber den Corneomandibularreflex ..., in: Neurolog. Centralbl. 23, 1904, Nr. 1; Die Bedeutung der Homosexualität nach österr. Strafrecht, in: Jbb. für Psychiatrie und Neurol. 26, 1905, H. 1; Der Regierungsentwurf eines Entmündigungsgesetzes, ebd. 29, 1909, H. 1; zahlreiche Beitrr. u. a. in Neurolog. Centralbl., Hdb. der ärztl. Sachverständigen-Tätigkeit; etc.
Literatur: NWT, 1. 6. 1932; DBE; Kreuter (m. W.); Kürschner, Gel.Kal., 1926, 1928/29, 1931; O. Pötzl, in: WMW 88, 1938, S. 115f. (m. W.); F. v. Söldner, in: Der Schlern 27, 1953, S. 161ff. (m. B.); H. Ganner, in: WKW 79, 1967, S. 438ff.; Hundert Jahre Med. Fak. Innsbruck 1869– 1969, ed. F. Huter (= Veröff. der Univ. Innsbruck 17), 2, 1969, S. 431, 438; G. Pointner, Personalbibliographien … an der Wr. Med. Fak. … 1880–1920, med. Diss. Erlangen-Nürnberg, 1972, S. 107f. (m. W.); H. Hochenegg, in: Tiroler Heimat 40, 1977, S. 157; Biograph. Enz.dt.sprachiger Mediziner, 2002; AVA, Materialiensmlg. ÖBL, beide Wien; Mitt. Markus Gamper, Merano/Meran, Italien.
Autor: (D. Angetter)
Referenz: ÖBL 1815-1950, Bd. 12 (Lfg. 58, 2005), S. 394
geboren in Meran
gestorben in Meran

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