Sperber, Hugo

Sperber Hugo, Rechtsanwalt. Geb. Wien, 26. 11. 1885; gest. KZ Dachau, Dt. Reich (Dtld.), 16. 10. 1938 (ermordet); mos.

Sohn des Fabrikanten Jacob S. S. stud. nach der Matura am Gymn. Baden (NÖ) 1904–09 an der Univ. Wien u. a. bei E. Bernatzik und E. Frh. v. Schwind (beide s. d.) Jus, hörte aber auch Vorlesungen über Geschichte, Kunstgeschichte, klass. Philol. und Phil.; 1909 Dr. jur. Nach der Gerichtspraxis bei den Landesgerichten für Strafsachen bzw. für Zivilrechtssachen und beim Handelsgericht absolv. S. die Anwaltspraxis bei verschiedenen Wr. Rechtsanwälten (1913 Advokatenprüfung) und wurde nach Kriegsdienstleistung (ab 1915; 1916 verwundet, Karl Truppenkreuz und Verwundetenabzeichen; zuletzt Oblt.) 1916 Rechtsanwalt in Wien. Er war ein bekannter Strafverteidiger, auch in polit. (z. B. im Wr. Schutzbundprozeß 1935) und Standgerichtsverfahren. S.s vielseitige Stud. waren die Grundlage für seine umfassende Bildung, die dann in seinen witzigen Plädoyers, noch mehr aber in den geistreichen Unterhaltungen mit seinen Wr. intellektuellen Freunden im Café Herrenhof (Wien 1) zum Ausdruck kam. Seit dem 18. Lebensjahr Mitgl. der SDAP, war er in der Parteivolksbildung tätig und hielt Kurse u. a. über Strafverfahren und Rechtsfragen des tägl. Lebens ab. Seine 1930 in Buchform erschienene Schrift „Todesgedanke und Lebensgestaltung“ ist aus seiner Befassung mit der Individualpsychol. A. Adlers (s. d.) entstanden. Nach dem „Anschluß“ 1938 wurde S. mit einem der ersten Transporte nach Dachau deportiert. Friedrich Torberg hat diesem heiter-spött., geistreichen Lebenskünstler, der seinen Beruf mit Eifer und großem sozialen Engagement ausübte, ein literar. Denkmal gesetzt.


Werke: Die Lüge im Strafrecht, 1927; etc.
Literatur: WZ, 17., 19. 4. 1935; Der Sozialist. Kampf (Paris), 5. 11. 1938; F. Torberg, Die Tante Jolesch oder Der Untergang des Abendlandes in Anekdoten, 1975, S. 185f., 189, 207ff.; ders., Die Erben der Tante Jolesch, 1978, S. 62ff.; M. Marschalek, in: Sozialistenprozesse, ed. K. R. Stadler, 1986, S. 413, 420; P. Wrabetz, Österr. Rechtsanwälte in Vergangenheit und Gegenwart, 2002, S. 131ff., 333; ders., in: Österr. Anwaltsbl. 67, 2005, S. 69ff.; B. Kreisky, Zwischen den Zeiten, o. J., S. 243; DÖW, IKG, KA, UA, Rechtsanwaltskammer Wien, alle Wien.
Autor: (P. Wrabetz)
Referenz: ÖBL 1815-1950, Bd. 13 (Lfg. 59, 2007), S. 16f.
geboren in Wien
gestorben in Dachau

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