Sohn aus erster Ehe von Camillo Rüdiger (s. d.), Vater von Ernst Rüdiger Fürst v. S. (s. u.), Schwiegervater von Franziska Fürstin v. S. (s. d.); ab 1860 verehel. mit Sophie Reichsgfn. v. Sickingen-Hohenburg (geb. Prag, Böhmen / Praha, Tschechien, 13. 8. 1842; gest. Bad Ischl, OÖ, 23. 5. 1913), 1876 geschieden, 1890 kam es zu einer Wiedervereinigung. S., der ab 1855 kurze Zeit in der Armee gedient hatte, widmete sich früh der Politik und war als Liberaler 1870–74 LT-, 1871–72 RR-Abg. Nach dem Tod seines Vaters, 1872, übernahm er dessen HH-Sitz. In seiner „Jungfernrede“ im HH 1873 urgierte S. eine sozial gerechtere Wahlreform, was ihm den Titel „rote Durchlaucht“ eintrug. Wirtschaftl. Probleme zwangen S., sein polit. Wirken einzuschränken und den größten Tl. des Allodialbesitzes zu verkaufen. Er bereiste 1875/76 Nord- und Mittelamerika, kehrte nach erfolgter finanzieller Konsolidierung wieder auf das polit. Parkett zurück und schloß sich der Verfassungspartei an. 1892 kam er in Kontakt mit Berta Freiin v. Suttner, für deren Ideen er sich einsetzte, doch gelang es ihm kaum, in der Hocharistokratie Mitstreiter für sie zu gewinnen. S. war auch in diversen industriellen und landwirtschaftl. Gremien vertreten, etwa als Präs. der Waffenfabrik Steyr, Verwaltungsrat der Allg. österr. Boden-Credit-Anstalt in Wien, Protektor und 1872–73 Präs. des Linzer Trabrennver., Obmann des Direktoriums des Wr. Trabrennver., Präs. des Schutzver. der Jagd und Fischerei sowie des Ver. zur Hebung der Pferdezucht OÖ. 1896 Geh. Rat. 1898 schenkte er Schloß Hartheim bei Eferding, das später als nationalsozialist. Euthanasie-Vernichtungslager dienen sollte, dem Oö. Landeswohltätigkeitsver. als Heim für Behinderte. Nach seinem Tod übernahm sein Sohn Ernst Rüdiger Fürst v. S. (geb. Schloß Bergheim, OÖ, 30. 11. 1861; gest. Schloß Auhof/Linz, OÖ, 16. 11. 1927; röm.-kath.) den Fideicommiß und den Sitz im HH. Er widmete sich v. a. der Verwaltung seiner Güter, sah sich allerdings mit beträchtl. Schulden konfrontiert. Ab 1902 war er als kath.-konservativer Mandatar auch Mitgl. des oö. LT. Während des 1. Weltkriegs war er dem Kriegsmin., u. a. als Adj. des Ministers, zugeteilt, zuletzt im Rang eines Obst. Er erfuhr eine Reihe von Ausz., u. a. Ritter des Ordens vom Goldenen Vlies (1907) und Geh. Rat (1908). Ernst Rüdiger war ein bekannter Sportsmann, dem bes. die Pferdezucht und der Pferdesport am Herzen lagen; er war Präs. des Wr. Trabrennver., Protektor und Ehrenpräs. des Trabrennver. Linz und Präs. des Jockeyklubs Wien. Zudem war er Präs. des Verwaltungsrats des Heim. Holzverbands für OÖ und Sbg. Wie seine Gattin Franziska, mit der er ab 1898 verehel. war, war auch Ernst Rüdiger karitativ tätig.
Literatur: NFP, 3. (A.), Linzer Volksbl. für Stadt und Land, 4., 6., 10., Tages-Post (Linz), 4., 9. 2. 1900; Hahn, 1873; Wurzbach; J. M. K(aiser), Reise … des Fürsten C. H. v. S. in den Vereinigten Staaten von Nord-Amerika, in Cuba und Mexiko …, 1876; G. Kolmer, Das neue Parlament (= Parlamentar. Jb. 5), 1897, S. 125f.; B. v. Suttner, Memoiren, 1909, s. Reg.; H. Slapnicka, OÖ – Die polit. Führungsschicht 1861–1918 (= Beitrr. zur Zeitgeschichte OÖ 9), 1983. – Ernst Rüdiger Fürst v. S.: Linzer Volksbl. …, 17., 19. (m. B.), 22., Tages-Post (Linz), 18., 19. 11. 1927; H. Slapnicka, OÖ – Zwischen Bürgerkrieg und Anschluß (= Beitrr. zur Zeitgeschichte OÖ 2), 1975, s. Reg.; ders., OÖ – Die polit. Führungsschicht 1861–1918 (= ebd. 9), 1983.
Autor: (H. Slapnicka)
Referenz: ÖBL 1815-1950, Bd. 13 (Lfg. 59, 2007), S. 102f.