Steinitz, Heinrich

Steinitz Heinrich, Ps. Siegfried, Karl Heinrich Stein, Rechtsanwalt und Schriftsteller. Geb. Bielitz, Schlesien (Bielsko-Biala, Polen), 30. 8. 1879; gest. KZ Auschwitz, Dt. Reich (Polen), Oktober 1942 (ermordet); mos., ab 1901 evang. AB.

Sohn eines Arztes, ab 1910 verehel. mit der Bibliothekarin Meta Wurmfeld (geb. Wien, 27. 8. 1890; gest. ebd., 1. 11. 1974). S. stud. ab 1897 an der Univ. Wien Jus, u. a. bei Lammasch und E. Philippovich v. Philippsberg (beide s. d.), die nicht ohne Einfluß auf seine polit. Ideen bleiben sollten; 1902 Dr. jur. Nach Gerichts- und Rechtsanwaltspraxis erfolgte 1910 S.’ Eintragung in die Liste der Wr. Rechtsanwälte. Im März 1916 zum Kriegsdienst einberufen, geriet er noch im selben Jahr in russ. Gefangenschaft, aus der er 1918 als überzeugter Sozialist heimkehrte. Er gehörte i. d. F. dem Reichsarbeiterrat an, engagierte sich im Bez.bildungsausschuß der SDAP Wien-Hietzing und war ab 1923 Kollegiumsmitgl. des Wr. Stadtschulrats. S. hielt daneben auch Vorträge und verf. einschlägige Publ., etwa „Wert- oder Sachabgabe“, 1919, oder – als Einführung in das österr. Strafrecht – „Schöffen und Geschworene“, 1929. Im „Ständestaat“ wurde S. ab 1934 zu einem der engagiertesten polit. Verteidiger, er vertrat angeklagte Sozialdemokraten und Kommunisten vor Gericht: So war er u. a. Anwalt im „Schutzbundprozeß“ im April 1935, vertrat 1936 den Gewerkschaftsfunktionär Rudolf Holowatyj und übernahm im „großen“ Sozialistenprozeß die Verteidigung des Hauptangeklagten Karl Hans Sailer sowie dreier weiterer Angeklagter. S.’ Wohnung in Wien-Hietzing war Zentrum junger Künstler, v. a. des Hagenbundes, und ab 1934 Treffpunkt der Revolutionären Sozialisten. S., der sich auch literar. versuchte und zu den führenden Funktionären der 1933 gegr. Vereinigung Sozialist. Schriftsteller gehörte, verf. Sprechchorwerke und Ged. für die SDAP und veröff. 1936 den hist. Schlüsselroman „Tilman Riemenschneider im deutschen Bauernkrieg“. Während seiner Frau und seinen Kindern 1938/39 die Flucht aus Österr. gelang, wurde S. unmittelbar nach dem „Anschluß“ von der Gestapo verhaftet, im Mai in das KZ Dachau, im September in das KZ Buchenwald und am 17. 10. 1942 in das Vernichtungslager Auschwitz deportiert, wo er bald nach seiner Ankunft ermordet wurde.


Werke: s. u. Pal.
Literatur: Bolbecher–Kaiser (m. B.); Bourdet; Czeike; Hall–Renner; H. Exenberger, in: Arbeiterbewegung und Arbeiterdichtung (= Schriftenreihe des Seliger-Archivs e. V. Stuttgart 6), 1984, S. 72ff.; E. Fein – K. Flanner, Rot-Weiß-Rot in Buchenwald, 1987, s. Reg.; F. Olah, Die Erinnerungen, 1995, s. Reg.; H. Exenberger, Als stünd´ die Welt in Flammen. Eine Anthol. ermordeter sozialist. SchriftstellerInnen (= Antifaschist. Literatur und Exilliteratur 19), 2000, passim (m. Ged. u. Textproben); M. Kraßnitzer, Widerstand in Hietzing, 2004, s. Reg.; Ch. Pal, H. S. – Anwalt und Poet, 2006 (m. B., W. u. L.); AdR, DÖW, Tagbl.Archiv, UA, Ver. für Geschichte der Arbeiterbewegung, WStLA, alle Wien.
Autor: (Ch. Pal)
Referenz: ÖBL 1815-1950, Bd. 13 (Lfg. 60, 2008), S. 191
geboren in Bielsko-Biała
gestorben in Auschwitz

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