Sohn des Oberstabsarztes Antal S. v. E. u. O. und von Luise S. v. E. u. O., geb. Spirk. – S., der seine Kindheit in Italien verbracht hatte, absolv. 1829–40 die Theresian. Akad. in Wien. 1840–43 stud. er an der Berg- und Forstakad. Schemnitz (Banská Štiavnica), wo er auch als Bibliothekar des Ung. Lesever. fungierte. Danach Praktikant beim Berggericht in Orawitza (Oravi→a), wurde er 1845 zur Hofkammer für Münz- und Bergwesen und 1846 an die Ung. Kammer in Ofen (Budapest) versetzt. Nach Beginn der Märzrevolution 1848 wurde er in das ung. Finanzmin. übernommen. In dieser Funktion stellte er die Produktion der Berg- und Hüttenwerke in Orawitza für die Ausrüstung der Honvéd-Armee um. 1849 führte er eine Neuorganisation der Werke durch; im selben Jahr Min.sekr. Nach der Niederschlagung der Revolution wurde S. verhaftet und zu fünf Jahren Festungshaft verurteilt. Nach zwei Jahren Gefängnis in Olmütz (Olomouc) begnadigt, lebte er zunächst zurückgezogen in Preßburg und auf seinem Landgut in Álmosd. Nach Erlass des Oktoberdiploms 1860 trat er dem wiederhergestellten ung. Statthaltereirat bei, legte aber bereits im folgenden Jahr nach der prov. Aufhebung der Verfassung sein Amt nieder. 1865 wurde S. Obergespan des Kom. Bihar. Nach dem Ausgleich 1867 wechselte er als Staatssekr. ins Innenmin.; im selben Jahr Abg. des ung. RT (bis 1880). 1869 schied S. kurzfristig aus der Regierung aus, wurde aber bereits 1870 mit dem Min. für Ackerbau, Ind. und Handel betraut. In dieser Position setzte er sich für die Errichtung eines statist. Zentralamts ein und initiierte die Ausarbeitung eines neuen ung. Handelsgesetzes, das 1875 in Kraft trat. 1872 wurde S. zum Ministerpräs. ernannt. Zu seinen polit. Leistungen gehören der Abschluss des revidierten Ausgleichs mit Kroatien und die bäuerl. Besitzregelung über das Rechtsverhältnis der sog. Ansiedlungs- oder Kontraktualistengmd. Nach dem Wr. Börsenkrach 1873 war seine Regierung v. a. durch die Sanierung des ung. Staatshaushalts, bei der sich S. dem Verkauf der staatl. Kohle- und Eisenwerke widersetzte, schwer angeschlagen. Ab Dezember leitete er zusätzl. das Finanzmin. 1874 wurde er auf eigenes Ansuchen seines Amts enthoben, nachdem der Versuch, mit der Opposition unter Kálmán Tisza eine regierungsfähige liberale Partei zu bilden, gescheitert war. 1876, 1878 und 1879 Präs. der ung. Delegation sowie 1879 Präs. des ung. Abg.hauses. Im folgenden Jahr wurde S. zum gem. Finanzminster ernannt. Seine Bemühungen um den Aufbau der Zivilverwaltung in Bosnien und der Herzegowina wurden durch die Einführung des Wehrgesetzes und den dadurch im Herbst 1881 ausgelösten Aufstand in der Herzegowina unterbrochen, worauf er wegen mangelnder Unterstützung seiner Politik im Juni 1882 zurücktrat; im November wurde er zum Kronwächter ernannt. 1885 war er 2., 1888 1. Vizevors. sowie 1894–96 Präs. des Oberhauses. Ab 1884 war er Dion.mitgl. der MTA. 1869 wurde er Kommandeur des St. Stephans-Ordens (1882 Großkreuz), 1873 erhielt er das Großkreuz des Leopold-Ordens und wurde Geh. Rat.
Literatur: NFP, Pester Lloyd, 8. 8. 1900 (beide A.); K. Eötvös, Magyar alakok, 1908, S. 18ff.; I. Halász, Egy letunt nemzedék, 1911, S. 368ff.; E. v. Wertheimer, Gf. J. Andrássy. Sein Leben und seine Zeit 2, 1913, s. Reg.; L. Izsák u. a., Magyar miniszterelnökök 1848–2002, 2002, S. 28f.; K. Jónás – J. Villám, A magyar országgyulés elnökei 1848–2002, 2002; L. Markó u. a., A MTA tagjai 1825–2002, 3, 2003 (m. B.); Magyar Országos Levéltár, Budapest, UA, Miskolc, beide H.
Autor: (I. Ress)
Referenz: ÖBL 1815-1950, Bd. 14 (Lfg. 64, 2013), S. 163f.