Thun und Hohenstein, Jaroslav Fürst von

Thun und Hohenstein Jaroslav Fürst von, Politiker und Großgrundbesitzer. Geb. Tetschen, Böhmen (Decín, CZ), 23. 5. 1864; gest. ebd., 5. 3. 1929; röm.-kath.

Böhm. Linie, Fideikommiss Tetschen. Sohn von →Friedrich Gf. v. T. u. H., Bruder von →Franz Fürst v. T. u. H., Neffe von →Leo Gf. v. T. u. H. und →Franz Anton d. J. Gf. v. T. u. H. – Nach dem Jusstud. an der dt. Univ. Prag (1890 Dr. iur.) war der 1889 zum Kämmerer ernannte Vizepräs. des Kuratoriums der Dt. Landwirtschaftl. Akad. Tetschen-Liebwerd zuerst in der böhm. Landespolitik aktiv. Für die Partei des konservativen Großgrundbesitzes wurde T., der im engen Austausch mit seinem Bruder Franz stand, 1895–1903 in den böhm. und 1906–18 in den mähr. LT sowie 1906–13 als Ersatzmann des mähr. Landesausschusses gewählt. Er übernahm 1902 als Lt. der Res. und als Mitbegründer die Präs.schaft der österr. Anti-Duell-Liga in Wien. Der dt.sprachigen Kultur, dem Wr. Hof sowie dem poln.-galiz. Adel eng verbunden, stand er auch tschech. Künstlern und dem tschech. polit. Katholizismus bzw. der kath. Bauernbewegung in Mähren nahe. So leitete er 1901 den tschech. Katholikentag in Brünn (Brno). 1902 erbte T. die mähr. Herrschaft Kwassitz (Kvasice) bei Kremsier (Kromeríž) und wurde dort 1903 zum Gmd.vorsteher gewählt. Obwohl er ab 1906 in Mähren dem Wahlkomitee der konservativen Großgrundbesitzer angehörte, kandidierte er bei der RR-Wahl 1907 als einer von ganz wenigen Politikern aus der Kurie des Großgrundbesitzes in einem Landgmd.wahlbez. erfolgreich für die tschech. Kath. Nationalpartei Mährens, scheiterte jedoch in der Wahl von 1911. 1908 gehörte er der Delegation des RR an. 1908–14 Mitgl. des Verw.R. der Mähr. Agrar- und Ind.bank in Brünn, amtierte er 1910–12 auch als Präs. des mähr. Landeskulturrats. Ab 1912 war er mähr. Vertreter im Zentralkomitee der Kath. Union, die sich nach 1917 für einen Friedensschluss einsetzte. T. war Ritter des Malteser-Ordens und rückte 1916 als neues Familienoberhaupt und Majoratsherr von Tetschen ins HH nach, wo er sich der Rechten anschloss. Er war langjähriger Förderer der herald.-genealog. Ges. Adler in Wien. 1914 übernahm er als Schwager von Erzhg. →Franz Ferdinand die Vormundschaft über die drei Kinder des ermordeten Thronfolgerpaars.


Werke: W. (s. auch Luft): Beitrr. zu unserer Familiengeschichte, 2 Bde., 1925–26. – Nachlass: Státní oblastní archiv v Litomericích, Decín, CZ.
Literatur: Prager Tagbl., RP, 6. 3., WZ, 7. 3. 1929; Freund, 1907, S. 472 (m. B.); Heller 1; Otto; Otto, Erg.Bd.; M. Lišková, Slovník predstavitelu zemské samosprávy v Cechách v letech 1861–1913, 1994, S. 323; J. Malír, in: JUDr. V. Kounic a jeho doba, ed. ders. – M. Rája, 2009, S. 208ff.; ders. u. a., Biografický slovník poslancu moravského zemského snemu v letech 1861–1918, 2012 (m. B.); R. Luft, Parlamentar. Führungsgruppen und polit. Strukturen in der tschech. Ges. 2, 2012, S. A 377ff. (m. W. u. L.); J. Galandauer, Franz Fürst T., 2014, s. Reg.
Autor: (R. Luft)
Referenz: ÖBL 1815-1950, Bd. 14 (Lfg. 65, 2014), S. 325f.
geboren in Děčín
gestorben in Děčín

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